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Sportkommentatoren sollen Oper wieder attraktiver machen

Berlin (dpo) - Dass klassische Musik für junge Leute nicht gerade ein Publikumsmagnet ist, ist keine Neuigkeit. Eine Initiative der Deutschen Oper Berlin könnte diesen Umstand schon bald ändern. Dort sollen professionelle Sportkommentatoren dem Publikum in Echtzeit die aufgeführten Werke näherbringen und gleichzeitig für mehr Stimmung sorgen.

Insbesondere mit der oft verworrenen Handlung der Werke sollen Operngänger so vertrauter gemacht werden. "Nimmt man allein den Ring des Nibelungen – Woglinde, Wellgunde, Floßhilde, Alberich, Wotan, Fricka, Freia, Donner, Froh, Loge, Mime, Fasolt, Fafner, Erda, Siegmund, Siegline, Brünnhilde, Hunding, Gerlinde, Ortlinde, Waltraute, Schwertleite, Helmwige, Siegrune, Grimgerde, Roßweiße, Siegfried, die Nornen, Gunther, Gutrune und Hagen: Da blickt doch ehrlich gesagt kein Schwein mehr durch", so Intendant Dietmar Schwarz. "Mit dem Live-Kommentar haben Sie dagegen immer den Überblick, wer hier gerade wen verrät, liebt oder tötet."
Verspielten im zweiten Akt mit einem schweren Patzer den Liebestod: Tristan und Isolde
Und so klingt das dann, wenn beispielsweise Marcel Reif die Oper "Tristan und Isolde" von Richard Wagner kommentiert: "Tristan und Isolde schauen jetzt auf die Uhr; es fehlen nur noch Sekunden bis zur Vereinigung in ewiger Liebe. Und man sieht schon-- Nein, was ist das! König Marke und sein Hofstaat überrumpeln das Liebespaar mit einer einfachen Finte! Was für ein Hammer! Und das so kurz vor dem Liebestod, das ist ganz bitter! Vergessen Sie jetzt bitte alles, was ich Ihnen bisher gesagt habe: Für Melot ist nach diesem Streich heute sogar noch ein Sieg drin!"
Aida: 64. Spielminute
Angst davor, mit solchen Live-Einspielungen die Stimmung im Opernhaus unnötig aufzuheizen, hat Intendant Dietmar Schwarz nicht. "Sicherheitshalber haben wir ein Verbot für Fan-Schals und Transparente ausgesprochen und werden Operngänger künftig routinemäßig nach Pyrotechnik durchsuchen", so Schwarz.
Ob die Hochkultur durch das neue Konzept Schaden nimmt, ist bei Dauerkartenbesitzern noch umstritten. Doch schon jetzt gilt etwa der Kommentar von Béla Réthy zu Jules Massenets "Thaïs" als legendär:
"Thaïs kann sich hier nicht mehr lange halten. Sie sehnt sich das Ende herbei, doch Athanaël lässt nicht locker. Kann er sie noch auf dem Sterbebett von seiner Liebe überzeugen? Kann er-- nein! Thaïs ist im Fieberwahn. Und aus dem Hintergrund müsste jetzt-- Nein! Tot! Sie ist tot! Aus! Aus! Aus! Die Oper ist aus! So etwas hat das Publikum hier schon lange nicht mehr gesehen!"
ssi, dan; Foto oben: Jorg Hackemann, Foto rechts: 360b, Foto links: Igor Bulgarin / alle Shutterstock.com
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