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"Schon als Kind träumte ich davon, eines Tages uralte Wälder für Braunkohle abholzen zu lassen" – ein Kommentar von RWE-Chef Rolf Martin Schmitz

Der Hambacher Forst spaltet derzeit Deutschland. Für die einen geht es um die Erhaltung der Natur, für die anderen um die Frage, ob Deutschland auch weiterhin ausreichend mit Energie versorgt sein wird.

Für mich hat die ganze Sache aber auch eine persönliche Note. Ungeachtet der Kontroverse erfülle ich mir nämlich gerade meinen ganz persönlichen Kindheitstraum: Schon seit dem Kindergarten ist es mein größter Wunsch, eines Tages uralte Wälder abholzen zu lassen, um dort Braunkohle zu fördern.
Andere Jungen in meinem Alter wollten lieber Feuerwehrmann, Polizist oder Rennfahrer werden. Für mich war dagegen schon ganz früh klar: Ich werde eines Tages einen Jahrtausende alten Wald finden, jeden einzelnen Baum darin absägen oder herausreißen lassen und danach den dazugehörigen Grund in eine wunderschöne Mondlandschaft verwandeln.
Meine Freunde malten Häuser, Autos oder Astronauten – ich malte Wälder, auf die sich bereits Bagger, Rodungsmaschinen und kleine Männchen mit Äxten und Kettensägen zubewegten. Schon mit fünf Jahren ging ich mit meiner kleinen Säge in das Wäldchen hinter unserem Haus und wollte die Natur besiegen. Das eine oder andere junge Bäumchen bezwang ich schon damals, doch die großen alten Buchen und Eichen hielten meiner Kindersäge, die ich mir zu Weihnachten gewünscht hatte, leider stand.
In meiner Grundschulzeit rodete ich ganze Blumenbeete in der Nachbarschaft, grub den Beerengarten meiner Großmutter um, immer in der Hoffnung, auf fossile Brennstoffe zu stoßen. Doch stets stand am Ende die Ernüchterung: Ärger mit Eltern und Nachbarn, Hausarrest, Taschengeldkürzungen – und kein einziger Polizeibeamte wollte mir mit schwerem Gerät zur Seite stehen und meine Interessen verteidigen. Damals lernte ich viel darüber, welchen stählernen Willen es verlangen würde, einem ganzen Wald den Garaus zu machen.
Später als Teenager bescherte mir die Vorstellung von fallenden Bäumen, flüchtenden Tieren und riesigen Maschinen, die sich auf der Suche nach dem braunen Gold durch die Landschaft fräsen, so manchen erotischen Moment. Eine Super-8-Film-Doku über die Rodung des brasilianischen Regenwaldes war mein wertvollster Schatz.
Dass ich mir diesen Traum jetzt endlich erfüllen kann, ist ein unglaublicher Glücksfall! Denn im frühen Erwachsenenalter wuchsen in mir immer mehr Zweifel, ob ich jemals die Chance bekommen würde, eines Tages hunderte Hektar uralten Waldes roden zu lassen, um die schmutzigste aller Energieformen zu gewinnen. Wer sollte das wollen? Gäbe es dagegen nicht berechtigten Widerstand? Und: Wer würde mich in diesem wahnsinnigen Unterfangen unterstützen?
Wer würde da nicht gerne die Axt anlegen und den Boden umgraben?
Nach meinem Schulabschluss fiel ich daher in ein tiefes Loch. Ich irrte umher, inhalierte Feinstaub aus Plastiktüten. Doch irgendwann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ich musste nur der Chef eines riesigen Energiekonzerns werden und es durch die Macht des Geldes schaffen, die Genehmigung für meinen größten Wunsch zu erfüllen, bevor in unserer Gesellschaft Umweltschutz höher als Profite geschätzt und Braunkohle endgültig nicht mehr genutzt wird.
Man kann also kaum in Worte fassen, wie sehr es mich freut, dieses schmale Zeitfenster nutzen zu dürfen. Schon in wenigen Jahren wird so etwas nicht mehr durchsetzbar sein. Es stimmt mich traurig, dass der Mensch diese wunderschöne Möglichkeit aus rein ökologischen Interessen kaputt macht. Umso mehr möchte ich deshalb diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen.
Meine Kinder werden wohl nie die behagliche Genugtuung erfahren, die es bringt, die Abholzung eines gesamten Waldes gegen alle Widerstände durchzusetzen. Aber sie werden sich immer mit Stolz an ihren Vater erinnern, der sich seinen großen Traum erfüllen konnte.
ssi, dan; Foto oben: RWE AG, André Laaks, CC BY-SA 3.0, Foto Mitte: Haloorange, CC BY-SA 3.0, Foto unten: Kimba Reiner
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