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9 bizarre CSU-Gesetze, die ebenfalls vor Gericht scheiterten

Das Betreuungsgeld ist nicht das erste CSU-Gesetz, das an juristischen Hürden scheitert. Historiker haben nachgerechnet: 1962 ist es der CSU letztmals gelungen, ein Gesetz auf Bundesebene durchzusetzen, das vor den Augen der Justiz bestehen konnte. Der Postillon hat recherchiert und präsentiert Ihnen neun weitere unglaubliche Versuche der bayerischen Regionalpartei, Bundespolitik zu betreiben:


1. Brustwarzenverbot für Kruzifixe (1964-1965)
1964 rang die CSU Ludwig Erhard und Koalitionspartner FDP die Einführung des umstrittenen Brustwarzenverbots für Kruzifixe auf Bundesebene ab. Besonders der bayerische Kultusminister Theodor Maunz forderte mit Nachdruck, Schüler beim morgendlichen Vaterunser im Klassenzimmer nicht nackten Männerbrustwarzen auszusetzen, seien sie auch noch so geschnitzt. Nachdem landesweit schon zehntausenden Kruzifixen die Brustwarzen abgepickt oder mit einem BH verhüllt worden waren, kassierte schließlich im Juli 1965 das Bundesverwaltungsgericht das Gesetz – ausgerechnet wegen eines simplen Formfehlers: Das Gesetz sprach durchgehend von "Duttln" statt "Brustwarzen" und war deshalb ungültig. In Bayern jedoch kommt es bis heute zur Anwendung.

2. Fingerhakeln als Schulfach (1966-1967)
Für erneutes Aufsehen sorgte die CSU 1966, als sie Fingerhakeln als neues Fach an bayerischen Schulen einführte und Sport aus den Stundenplänen strich. Nach einem Aufschrei von Sportlern und Wissenschaftlern angesichts zahlreicher verletzter Schüler im gesamten Bundesgebiet wurde das Gesetz 1967 schließlich vom Kultusministerium auf unbefristete Zeit außer Kraft gesetzt. Studenten, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Fingerhakelstudiengang (Magister und Lehramt Gymnasium) befanden, durften allerdings noch zu Ende studieren und sind heute als diplomierte Fingerhakler gefragte Spezialisten.

3. Wolpertingerzuchtverbot (1973)
Wer wohl die Idee hatte, ausgerechnet die Züchtung des bayerischsten Tiers schlechthin zu verbieten? Die CSU natürlich: 1973 war die Zahl der Wolpertinger in Gefangenschaft durch unkontrollierte Zucht so stark angestiegen, dass es immer wieder zu aufsehenerregenden Zwischenfällen kam ("Erneut Mann von Wolpertinger zerfleischt", "Wolpertinger vernichten gesamte Kartoffelernte"). Ein deutschlandweiter Zuchtstopp sollte Abhilfe schaffen. Doch gerade als die CSU das Gesetz einstimmig im Bundestag verabschiedet hatte, stoppte das Bundesverfassungsgericht die Pläne. Die abenteuerliche Begründung: Weil inzwischen Willy Brandt (SPD) regierte, konnte die CSU überhaupt keine Gesetze beschließen – ein Glück für hunderttausende Wolpertingerhalter.

4. Bayern-München-Steuer (1984-1990)
Nachdem die Bayern zwischen 1981 und 1984 dreimal in Folge nicht die Meisterschaft gewinnen konnten (einmal Platz 3, zweimal Platz 4), sprang ihnen die CSU zur Seite. Rechtzeitig zur Saison 1984/85 wurde ein Gesetz verabschiedet, laut dem fünf Prozent des Bruttogehalts deutscher Arbeitnehmer direkt an die Säbener Straße abgeführt werden mussten, um den angeschlagenen Verein wieder auf die Beine zu bringen. Von den nächsten sechs Meisterschaften gewannen die Bayern dank der Steuermilliarden fünf. 1990 wurde die Bayern-Abgabe vom Bundesfinanzhof in München kassiert. Beim Vorsitzenden Richter soll es sich um einen 60er-Fan gehandelt haben.

5. Droaxlmoaßbuamgschiagladkniabieslapauschale (1987)
Kaum ein Gesetz war in Deutschland so umstritten wie die Droaxlmoaßbuamgschiagladkniabieslapauschale von 1987. Sogar Freundschaften sollen daran zerbrochen sein. Dabei weiß bis heute niemand außerhalb Bayerns genau, was das ausschließlich im boarischen Dialekt verfasste Gesetz eigentlich besagte. Das fand schließlich auch das Bundesverfassungsgericht, das der Kniabieslapauschale, wie das Gesetz auch abkürzend genannt wurde, noch im selben Jahr eine Abfuhr erteilte. Ganz Deutschland jubelte und war froh, einem weiteren CSU-Gesetz entgangen zu sein – was auch immer darin gestanden haben mag.

6. Lederhosenpflicht an Sonn- und Feiertagen (1992)
Ein bayerisches Prestigeprojekt war die Einführung der bundesweiten Lederhosenpflicht an Sonn- und Feiertagen, die der Bundestag 1992 beschloss. Doch den Autoren des Gesetzes unterlief ein entscheidender Fehler: Sie vergaßen, zwischen Mann und Frau zu unterscheiden und machten so Lederhosen für beide Geschlechter verpflichtend. Den zweiten Anlauf der CSU, in dem für Frauen eine Dirndlpflicht vorgeschrieben werden sollte, kassierten acht schlecht gelaunte Bundesverfassungsrichter in Krachlederner an einem Feiertag.

7. Mindestpromillegrenze (1995)
Der unermüdlichen Lobbyarbeit der bayerischen Brauereien ist es wohl zu verdanken, dass der Bundestag 1995 eine weltweit wohl einzigartige Mindestpromillegrenze verabschiedete. Demnach sollten Autofahrer zwar nicht über 0,8 Promille Alkohol (damalige Promillegrenze) im Blut haben, aber auch nicht weniger als 0,3. Zusätzliche Polizeikontrollen sollten gewährleisten, dass die Mindestpromillegrenze auch eingehalten würde. Ein großer Safthersteller klagte gegen das Gesetz und hatte schließlich vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg. Kurios: Nachdem das Gesetz wieder abgeschafft wurde, stiegen die Unfallraten für einige Monate sprunghaft an. Solange dauerte es, bis Deutschlands Autofahrer nicht mehr unter Entzugserscheinungen litten.

8. Franz-Josef-Strauß-Namenspflicht für öffentliche Gebäude und Institutionen (1997) 
Damit machte sich die CSU im Bund keine Freunde: Nach langem Druck auf den Koalitionspartner CDU verabschiedete der Bundestag 1997 die umstrittene Franz-Josef-Strauß-Namenspflicht für öffentliche Gebäude und Institutionen. Fans des rüstigen Ex-Rüstungsministers waren entzückt – doch nach nur neun Monaten erklärte der Franz-Josef-Strauß-Gerichtshof in Karlsruhe die Franz-Josef-Strauß-Namenspflicht für unzumutbar und verfassungswidrig. Noch heute sind rund 193.529 Schulen, Brücken, Flüchtlingsunterkünfte und Flughäfen nach dem populären Politiker benannt.

9. Pkw-Maut für Ausländer (2015)
Dass aufrechte Bayern in der Schweiz und Österreich Maut zahlen müssen, während die Ausländer das schöne bayerische Straßennetz kostenlos nutzen, ist in den Augen der CSU ein unzumutbarer Missstand – und Ursprung einer weiteren Schnapsidee der Christlich-Sozialen, die im März 2015 den Bundestag passierte: Eine Pkw-Maut, die nur von Ausländern bezahlt werden sollte, während Deutsche über einen Ausgleich der Kraftfahrzeugsteu… Jedenfalls scheiterte das Gesetz, das so wirr war, dass man meinen könnte, es stamme aus der Feder eines Satirikers, erwartungsgemäß an den Ansprüchen der EU-Kommission.

Fotos: Shutterstock; FJS: Bundesarchiv, B 145 Bild-F078543-0017 / Schaack, Lothar / CC-BY-SA
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