Berlin (dpo) - Zockt die Bahn seit Jahren ihre Kunden ab? Recherchen des Postillon haben ergeben, dass ICEs heimlich mit Strom aus den "ladenden" Handys und Laptops ihrer Reisenden angetrieben werden.
Angestoßen wurde die investigative Recherche durch einen Hinweis einer langjährigen Bahnfahrerin. "Ich hatte mich schon immer gewundert, warum mein Smartphone meistens einen niedrigeren Ladestand hatte als davor, wenn ich es während der Zugreise geladen habe", erklärte Lisa Pochel (27) dem Postillon. "Anfangs dachte ich, dass nur die Steckdose kaputt ist. Oder einen Wackelkontakt hat. Aber dann fiel mir auf, dass der Akkustand immer dann auffällig sinkt, wenn der Zug beschleunigt."
Eine heimliche Spannungsmessung auf den wichtigsten ICE-Strecken durch den Postillon führte schließlich zur Gewissheit: Die Deutsche Bahn nutzt offenbar ein intelligentes System, bei dem sie aus allen eingesteckten Geräten genau so viel Strom zieht, dass die Betroffenen es nicht bemerken.
"Die Bahn geht hier sehr clever vor, denn bei all dem Frust wegen Verspätungen fällt das plötzlich leere Smartphone auch nicht mehr weiter auf", erklärt Verkehrsexperte Sinan Ferenci, der den Postillon bei seinen Recherchen beriet.
Durch diese Masche senkt der Konzern seine Betriebskosten signifikant. Wenn ein Zug voll besetzt ist, lässt sich auf diese Weise die gesamte Fahrt bestreiten. "Und wenn der Strom der angeschlossenen Geräte nicht ausreicht, schaltet die Bahn die Klimaanlage aus und behauptet, sie sei kaputt", so Ferenci. "Dazu liegen mir übereinstimmende Aussagen mehrerer Zugbegleiter vor."
Bahnreisenden wird dringend davon abgeraten, ihre Geräte während der Fahrt einzustecken.
Eine Anfrage des Postillon ließ der Konzern unbeantwortet.
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