Bereits in den letzten Wochen wurde auf mehreren Nazi-Seiten und Pegida-Foren im Internet immer wieder dazu aufgerufen, "Ausländer da [zu] treffen, wo es ihnen am meisten wehtut". "Aufrechte deutsche Patrioten" sollten sich daher demonstrativ in eines der Herkunftsländer der Flüchtlinge absetzen.
Die Aufrufe blieben nicht ohne Erfolg: Tausende Asylgesuche mit Begründungen wie "Rache", "mir sind zu viele Ausländer in Deutschland" oder "ich hatte zu Hause weder Job noch Perspektive" beschäftigen derzeit die Behörden in Damaskus, Idlib, Kabul und Pristina.
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Ort der Sehnsucht für viele Neonazis: zerbombte Stadt Homs in Syrien |
Doch vorher muss René F. noch die riskante Überfahrt von Kos nach Bodrum überstehen. Von dort will er sich bis zur türkisch-syrischen Grenze durchschlagen und illegal einreisen. Ob er in Syrien letztlich im vom islamistischen Rebellen besetzten Teil oder in einer der letzten Assad-treuen Städte landen wird, ist René F. egal: "Ob Damaskus oder Beirut, Hauptsache Syrien."
Anschließend möchte er zeitnah seine komplette Familie nachholen, um möglichst viel Geld aus dem syrischen Sozialstaat zu pressen. "Wahrscheinlich werden Uschi, Jason und die kleine Sieglinde aus finanziellen Gründen die Balkanroute nehmen müssen", erklärt F., der sein letztes Geld auf der Flucht irrtümlich für einen gefälschten bolivianischen Pass ausgegeben hat. Bis die Familie dann ankommt, werden wohl noch einige Wochen vergehen. "Aber wenn sie unterwegs nicht festgehalten werden, umkommen oder vergewaltigt werden, können wir schon bald gemeinsam die Gastfreundschaft Syriens gnadenlos ausnutzen."
Bislang werden die deutschen Flüchtlinge in Syrien mit offenen Armen empfangen. Sie gelten allen beteiligten Bürgerkriegsparteien als "exzellentes Frontmaterial, das nicht viel hinterfragt".
ssi, dan; Erstveröffentlichung: 11.9.15