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Das große Postillon-ABC zur Bundespräsidentenwahl

Die Spannung ist groß, wenn die Bundesversammlung heute zusammentritt, um Joachim Gauck zum neuen Bundespräsidenten zu wählen. Wer wird diese Schicksalswahl gewinnen? Joachim Gauck? Joachim Gauck? Oder doch Joachim Gauck? Apropos Gauck: Wie funktioniert so eine Bundespräsidentenwahl überhaupt? Der Postillon erklärt seinen Lesern exklusiv und alphabetisch geordnet die wichtigsten Aspekte des großen Politspektakels:

Abstimmung, geheime: Die A. ist derartig geheim, dass sie früher unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten wurde. Das ist auch heute noch so – denn immerhin wird die gesamte Bundespräsidentenwahl vom Nachrichtensender Phoenix ausgestrahlt.

Bundesversammlung, die: Zweitunwichtigstes Verfassungsorgan der Republik, dessen einzige Aufgabe es ist, den Bundespräsidenten, das unwichtigste Verfassungsorgan der Republik, zu wählen. Auch die 15. B. setzt sich zusammen aus Politikern, Prominenten und mehreren dressierten Schimpansen.

CDU/CSU, die: Hat inzwischen festgestellt, dass sie eigentlich gar nichts gegen erzkonservative kommunistenhassende Pfarrertypen hat, und jetzt doch noch Gauck nominiert.

Demokratie, die: Prinzip, das nichts, aber auch gar nichts mit der Wahl zum Bundespräsidenten zu tun hat.

Ehrensold, der: Bedingungsloses Grundeinkommen, das jedem Bundespräsidenten zusteht, solange er nur aus politischen Gründen zurücktritt – oder behauptet, er habe seine politische Wirkung verloren, weil er das Amt so sehr beschädigt hat, dass es einem Häufchen Elend gleicht.

Fähren, die: 187 F. konnten in der Zeit seit Wulffs Rücktritt nicht getauft werden und warten darauf, dass sein Nachfolger sie abarbeitet. Auf zahlreichen uneröffneten Festbanketten auf diversen Galas gegen den Hunger in der Dritten Welt ist sogar bereits das Essen verdorben.

Gauck, Joachim: Wurde nach der legendären Gauck-Behörde benannt, in der er am 24. Januar 1940 geboren ist. G. kann fliegen, riecht auch ungewaschen gut und ist aufgrund seines Alters sparsam im Ehrensoldverbrauch.

Häufchen Elend, ein: Zustand, in dem sich das Amt des Bundespräsidenten nach der Wulff-Affäre befindet.

Irgendeiner: Person, die mindestens so gut für das Amt des Bundespräsidenten (Häufchen Elend) geeignet ist wie die aktuellen Kandidaten.

Journalisten, die: Berufsgruppe, die dafür verantwortlich ist, mithilfe von Bildstrecken prominenter Wahlleute eine derartig anachronistische Demokratiesimultationsübung in ein prickelndes Ereignis zu verwandeln. Im Gegenzug wählen die Parteien Prominente aus, die die J. dann in ihren Bilderstrecken präsentieren können.

Klarsfeld, Beate: Von der Linken gegen den uralten Kommunistenjäger Gauck (72) ins Rennen geschickte noch urältere Nazijägerin (73). Sollten sich Gauck und K. berühren - so vermuten Politologen -, dürften sie sich gegenseitig neutralisieren und einfach in Luft auflösen.

Linke, die: Hätte als einzige Gauck verhindern können, indem sie ihn einfach selbst nominiert hätte. Kandidaten der L. (→Klarsfeld) werden nämlich mit Sicherheit immer verlieren.

Merkel, Angela: M., auch genannt "die schwarze Witwe" hat bislang zwei Bundespräsidenten verschlungen und lechzt bereits nach dem dritten.

Nix: Das, wozu man einen Bundespräsidenten eigentlich wirklich braucht.

Olaf Rose: NPD-Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten (siehe Häufchen Elend). Wäre schon einmal beinahe ertrunken, weil er die Oder-Neiße-Linie nicht anerkennt.

Politikverdrossenheit, die: Um die P. im Volk zu lindern, die aufkommt, wenn Kandidaten einfach aus politischem Kalkül gekürt werden, haben dieses Mal alle Parteien (ohne die Linke) gemeinsam einen Kandidaten aus politischem Kalkül gekürt.

Quatsch, blöder: Ergebnis, wenn man geradezu zwanghaft versucht, zu jedem Buchstaben ein passendes Wort mit Bundespräsidentschaftswahlbezug zu finden.

Reichstagsgebäude, das: Hier tritt die Bundesversammlung zusammen. Das R. leidet schon seit über einem Jahrzehnt unter Parasitenbefall (Bundestag) und wurde deswegen leider vier Jahre zu früh sogar für zwei Wochen vollständig verhüllt und ausgeräuchert.

Seehofer, Horst: Ist als derzeitiger Präsident des Bundesrates solange Staatsoberhaupt, bis ein neuer Bundespräsident gewählt ist. S. stellt damit auch den einzigen triftigen Grund dar, schleunigst einen neuen Bundespräsidenten zu wählen.

Twitter: Via T. wird der Bundespräsident traditionell vorab bekannt gegeben.

Übernachtungen, kostenlose: Währung, in der Bundespräsidenten traditionell bezahlt werden, bevor sie ihren Ehrensold erhalten.

Volk, das: Obwohl es den Bundespräsidenten nicht wählen darf, ist er beim V. in der Regel (Ausnahme: Wulff) unglaublich beliebt - unabhängig von Kompetenz, geistiger Wendigkeit oder Charisma (sog. "Köhler-Paradoxon"). Dasselbe galt übrigens für Außenminister vor Westerwelle.

Wulff, Christian: Der letzte Amtsinhaber (siehe →Häufchen Elend) Christian W. hinterlässt derartig kleine Fußstapfen, dass sein Nachfolger auf Zehenspitzen gehen muss.

X-Chromosomen, zwei: Wichtige Voraussetzung, um als chancenloser Kandidat der Minderheit gegen einen sicheren männlichen Sieger antreten zu dürfen (vgl. Gesine Schwan, Luc Jochimsen, Beate Klarsfeld etc.).

Y-Chromosom, das: Wichtigste Voraussetzung, um eine ernsthafte Chance zu haben, letztlich wirklich Bundespräsident zu werden.

Zzzzzzzzzzzz: Geräusch, das Leute von sich geben werden, die geglaubt haben, diese Abstimmung könnte doch noch irgendwie spannend werden.

ssi; Fotos: Reichstagsgebäude (Mattern, CC BY-SA 3.0); Köhler (Brasil); Gauck (Thoma); Schimpanse (Lersch, CC BY-SA 3.0)
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