Berlin (dpo) - Schon seit Jahren ist Ralf T. (37) von seinem Job als Logistiker bei einer Berliner Speditionsfirma angewidert. Doch seit er gehört hat, dass Flüchtlinge den Deutschen angeblich die Jobs wegnehmen, schöpft er wieder Hoffnung: Er kann es kaum noch erwarten, bis ihm endlich ein Ausländer seinen Arbeitsplatz stiehlt.
Als wir Ralf T. bei der Arbeit besuchen, schleppt er sich wie jeden Tag motivationslos durch die Lagerhalle. "Ich hasse meinen Job. Es ist immer das Gleiche und die Kollegen sind Idioten. Ich kann nicht mehr. Wo sind denn die ganzen Flüchtlinge, die mir endlich die Arbeit wegnehmen?"
Sehnsuchtsvoll blickt er aus dem Fenster. Doch von den von Pegida und AfD versprochenen Flüchtlingen, die den Deutschen endlich die Arbeit wegnehmen, ist hier weit und breit noch nichts zu sehen. "Es hat sich bisher nicht einer beworben, nicht mal einen syrischen Praktikanten hatten wir bisher", so T. traurig.
Kündigen kommt für ihn dennoch nicht in Frage. "Aus Angst vor meiner Frau", erklärt er. "Ich brauche einen Sündenbock, auf den ich die Schuld schieben kann, sonst macht die mir daheim die Hölle heiß."
Experten warnen jedoch ohnehin davor, Flüchtlinge zu schnell am deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren, wie Arbeitspsychologe Dr. Ludwig Tramer erklärt: "Wichtig für die Flüchtlinge wäre eine Therapie. Jemanden, der aus einem syrischen Kampfgebiet kommt, direkt in die freie Wirtschaft zu schicken, würde dessen Trauma verstärken." Ein durchschnittlicher deutscher Arbeitsplatz könne Flüchtlinge sofort wieder an das zu Hause zurückgelassene Schreckensregime erinnern, wo Frauen schlecht behandelt werden und Tyrannen ihre Mitmenschen schikanieren.
"Ich hoffe, dass das nicht wieder so ein Ding wird wie bei den Robotern", seufzt Ralf T. "Seit den 90ern hoffe ich darauf, dass uns die Maschinen endlich wie versprochen ersetzen. Und was ist passiert? Gar nichts! Die Flüchtlinge sind meine letzte Hoffnung."
Immerhin gibt es im privaten Umfeld einen neuen Lichtblick für den 37-Jährigen: "Gestern habe ich auf Facebook gelesen, dass die Flüchtlinge uns außerdem angeblich die Frauen wegnehmen. Interessierte können sich jederzeit bei mir melden und mal auf ein Abendessen bei meiner Ehefrau vorbeischauen."
jma; Foto: Shutterstock; Erstveröffentlichung: 6.4.16