Paketbote wartet mit dem Klingeln, bis Kunde endlich im Bad ist

Hannover (dpo) - "Psst! War das gerade die Dusche?" Arne Schrader (37) lauscht gespannt. "Ach nee, nur der Wasserhahn in der Küche. Mist!" Bereits seit einer Dreiviertelstunde liegt der Paketbote eines großen Zustelldienstes auf der Lauer, weil sein Kunde Martin Kretzschmar immer noch nicht im Bad war.

Schrader ist seit 13 Jahren im Geschäft und weiß, dass es manchmal etwas länger dauert, bis der Kunde mal muss oder sich wäscht. Er zeigt in Richtung des Hauses, vor dem sein Lieferwagen steht: "Erst wenn in diesem Fenster hier Licht brennt oder sich etwas bewegt, kann ich sicher sein, dass er auch wirklich im Bad ist", erklärt der Paketbote. Sobald sein Kunde im Bad verschwunden ist, wird er kurz klingeln und eilig eine bereits zuvor ausgefüllte unleserliche Notiz im Briefkasten hinterlassen.

"Jetzt!"

"Manchmal dauert es wirklich lange", seufzt der 37-Jährige. Letzten Dienstag musste er drei Stunden ausharren, bis Rentnerin Margot Dietrich endlich im Bad verschwand, um ihr Gebiss zu reinigen. "Und selbst dann bleiben einem höchstens 25 Sekunden, bis sie es zur Tür schafft. Für ihr Alter ist sie noch erstaunlich fit, die Gute."

Optimal sei es, schwärmt Schrader, den Paketempfänger mit dem Klingeln unter der Dusche zu überrumpeln, weil dann dessen Chancen, rechtzeitig zur Tür zu gelangen, gleich Null seien. Geübte Paketboten wie er legen sogar ihre Route nach solchen Gewohnheiten aus. "Studenten und Arbeitslose bekommen zum Beispiel ihr Paket morgens immer zuerst, weil dann die Chance groß ist, dass sie noch schlafen", erzählt er.

Dann geht es plötzlich ganz schnell. "Licht brennt, Dusche läuft!", ruft Schrader, bevor er eilig die Klingel betätigt und den Hinweiszettel in den Briefkasten von Martin Kretzschmar wirft. "Jetzt aber nix wie weg!" Dann sprintet er zu seinem Lieferwagen und braust mit quietschenden Reifen davon.

fed, dan, ssi; Foto oben: Shutterstock; Foto unten: Fotolia; Erstveröffentlichung: 15.3.17
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