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"Wollt ihr mich jetzt alle verarschen? Seit wann ist es ok, Minister zu werden, obwohl man es vorher ausgeschlossen hat?" - Ein Kommentar von Martin Schulz

Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Presse, liebe Politikerinnen und Politiker. Wir müssen mal reden. Ich platze nämlich gleich und ich frage mich: WOLLT IHR MICH JETZT ALLE VERARSCHEN?

Ok, ok, ich beruhige mich erstmal und erkläre, was mich so wütend macht: Es gibt da nämlich gerade eine Parteivorsitzende einer großen Volkspartei, die vor einer wichtigen Wahl mehrfach ausgeschlossen hat, ein Ministeramt anzustreben. Und was macht sie jetzt plötzlich? Sie ändert spontan ihre Meinung und lässt sich vereidigen.
Nicht, dass ich etwas dagegen hätte. Umstände ändern sich. Menschen reagieren darauf. ABER WARUM GOTTVERDAMMT NOCHMAL DARF SIE DAS? WÄHREND ICH DAMALS DAFÜR DEN SHITSTORM MEINES LEBENS ERNTETE, BEKOMMT SIE JETZT NUR EIN BISSCHEN GEMURRE! Sag mal, ihr habt doch alle den Arsch offen!
Glaubt ihr, ich hatte Lust, im Frühjahr 2018 als Parteivorsitzender zurückzutreten, nur weil ich mir hier und da mal ein bisschen selbst widersprochen habe und plötzlich Außenminister werden wollte? Nein! Ihr wart das mit eurem Gemaule, ihr Medien, ihr Bürger und ihr Politiker und jetzt, wo wieder eine Person, noch dazu im selben Amt und auch nach einer wichtigen Wahl exakt so handelt wie ich, ist es plötzlich scheißegal??? Wie soll ich mich denn da fühlen?
Damit es nicht heißt, ich rege mich nur auf, hier noch einmal die Beweise. Am 26.2.2018 erklärte Annegret Kramp-Karrenbauer bei ihrer Bewerbungsrede für das Amt der Generalsekretärin und ich zitiere: "Ich habe mich ganz bewusst gegen das Angebot entschieden, Mitglied eines Bundeskabinetts zu werden. Ich habe mich ganz bewusst – ja, es war mein eigener Wunsch – für die Funktion in der Partei entschieden."
Klar. Da kann man sagen, dass das schon verjährt ist. Aber was ist mit dieser Aussage Kramp-Karrenbauers vom 15. November 2018? "Diese Partei ist es wert, dass man sie führen will, (…) man darf um nichts in der Welt den Eindruck erwecken, man nütze ein solches Amt nur, weil man den nächsten Sprung ins nächste Staatsamt machen will. Das wäre absolut fatal."
Hier zum Anhören:

Oder was ist mit dem 10. Dezember 2018, als sie in der "Saarbrücker Zeitung" sagte: "Ich bin zur Wahl als Parteivorsitzende angetreten, weil ich für eigenständige Positionen der Union stehen will. Dafür brauche ich keine Einbindung ins Kabinett."
KEINE EINBINDUNG INS KABINETT! Merken Sie was?
Und am 2. Juli, vor nicht einmal zwei Wochen, beantwortete Kramp-Karrenbauer die Frage "Würden Sie dann Ministerin werden, wenn ein Platz im Kabinett frei wird?" mit den Worten "Ich habe mich bewusst entschieden, aus einem Staatsamt in ein Parteiamt zu wechseln. Es gibt in der CDU viel zu tun." oder wie NTV das zusammenfasste "Wer folgt auf von der Leyen? AKK will nicht Ministerin werden".
Das kann ja wohl nicht wahr sein! Das ist doch eine bodenlose Frechheit! Ein Schlag ins Gesicht! Was hat diese Frau, was ich nicht habe? Liegt das Problem bei mir? Liegt es daran, dass ich einen Bart habe? Ist es mein Bart? Soll der weg? Stimmt was mit meinem Vornamen Martin nicht? Hat mein Nachname zu wenig Silben? Oder liegt es daran, dass ich in der SPD bin? Soll ich zur CDU? Muss der Bart weg? Ja? Erklärt es mir! Ich will es verstehen!
Und wenn ich schon höre, wenn ihr Unionskollege Söder von einer "mutigen und starken Entscheidung" spricht und Jens Spahn sagt "Ich freue mich, dass die Parteivorsitzende Verantwortung übernimmt", dann denke ich nur daran, wie mir meine lieben Herren und Frauen Genossen und Genossinnen das Messer in den Rücken gerammt und mich aufs Altenteil verschoben haben. Geht's noch?
Und in den Medien ist von einem genialen "Coup" die Rede. Und von einer cleveren "Rochade". Boah! ich könnt mich so aufregen!
Aber mit dem netten Herrn Schulz kann man das wohl machen, oder wie? Ich könnte jetzt schön Außenminister sein und gut gegelt durch die Landschaft gondeln wie dieser Maas und alle fänden mich toll, weil immer alle Außenminister toll finden. Aber nein! Im Frühjahr 2018 sollte ein Politiker plötzlich zu seinem Wort stehen. Naja, und irgendwie hatte ich das inzwischen auch akzeptiert. Bis Dienstag, 21.30 Uhr, als es hieß "Annegret Kramp-Karrenbauer wird neue Verteidigungsministerin". WTF?
Aber egal. Ich habe meinen Punkt gemacht und sehe jetzt eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder ihr fahrt jetzt alle endlich mal eure Empörung auf 2018er Schulzniveau hoch und fegt AKK aus allen Ämtern oder - und ich befürchte, darauf wird es hinauslaufen - IHR KÖNNT MICH ALLE MAL KREUZWEISE!!!
ssi, dan; Foto: Shutterstock
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