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"Ich geb' einfach immer irgendwas" – Apotheker gibt zu, von Ärzten handgeschriebene Rezepte nicht entziffern zu können

Karlsruhe (dpo) - Dass die Handschrift von Ärzten für ungeübte Augen kaum zu entziffern ist, gilt als allgemein bekannt. Doch nun bekennt erstmals ein Profi: Auch Apotheker können Ärzteschrift so gut wie nie richtig lesen und geben auf Rezepte in der Regel wahllos Medikamente heraus.

"Inzwischen sind die meisten Rezepte ja maschinell erstellt und damit lesbar", sagt der Karlsruher Apotheker Martin Boeckmann. "Aber bei denen, die noch handschriftlich verfasst sind, ist das eigentlich schon immer Usus unter Apothekern, dass wir den Kunden einfach irgendwas geben, was wir gerade für passend halten oder wovon wir zu viel auf Lager haben."

Beschwert habe sich so gut wie noch nie jemand über diese jahrzehntealte Vorgehensweise.

"Schauen Sie mal, hier", so Boeckmann und hält ein ärztliches Rezept in die Höhe. "Das hier könnte alles mögliche heißen. Paracetamol etwa. Oder Dacepton. Oder Rettungsfallschirm. Aber wenn ich mir die Kundin hier so anschaue…" Er wirft einen Blick zu der Frau, die ihm das Rezept überreicht hat. "Die sieht irgendwie verstopft aus. Ich gebe mal eine Packung Dulcolax Zäpfchen."

Die Kundin hebt erstaunt die Augenbrauen, als Boeckmann ihr das Medikament über den Tresen reicht. "Zäpfchen? Gegen Kopfhautjucken? Steht das wirklich auf dem Rezept?" Der Apotheker lacht nervös. "Da kann ich nichts dafür, wenn Dr. Meder Ihnen das so verschrieben hat. Zweifeln Sie etwa an seiner Kompetenz?" –

"Meinen Sie Dr. Mortner?" – "Äh, ja natürlich, genau den meine ich." – "Nagut, ich nehm die Zäpfchen ja schon." – "Wunderbar! Schönen Tag, Frau Blghfch!"

Eine gute alte pharmazeutische Tradition, die aufgrund der Digitalisierung leider langsam ausstirbt.

up, ssi, dan; Foto: Shutterstock; Erstveröffentlichung: 14.2.22
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