Berlin (dpo) - Die Blamage war groß, nachdem bekannt wurde, dass Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey ein Videotelefonat mit einer Deepfake-Version ihres Kiewer Amtskollegen Vitali Klitschko führte. Nun gibt es erste Befürchtungen, dass es sich bei einem Gespräch, das die SPD-Politikerin vergangene Woche mit ihrem Amtsvorgänger Willy Brandt geführt hatte, ebenfalls um ein Deepfake gehandelt haben könnte.
"Wir gehen grundsätzlich natürlich davon aus, dass Franziska Giffey wirklich ein 37-minütiges Gespräch mit Willy Brandt geführt hat", erklärte ein Sprecher des Berliner Senats. "Aber nach dem jüngsten Ereignis sind wir ein bisschen misstrauisch geworden und wollen daher alles auf den Prüfstand stellen."
Tatsächlich galt es als Sensation, dass Giffey mit Altkanzler Willy Brandt sprach. Immerhin war er - genau wie sie - einst Regierender Bürgermeister Berlins. Entsprechend teilte Giffey stolz zahlreiche Fotos von der Videokonferenz in ihren Profilen auf Twitter, Instagram und Facebook.
Nachträglich werfen jedoch mehrere Auffälligkeiten die Frage auf, ob es sich bei Giffeys Gesprächspartner wirklich um Brandt handelte. So soll Willy Brandt ausschließlich Russisch gesprochen haben und musste von einem Dolmetscher simultan übersetzt werden. Dabei sind Interviews und Videos von Brandt bekannt, in denen er fließend auf Deutsch kommuniziert.
Andererseits soll Brandt im Interview mehrfach betont haben, wie stolz er sei, mit Franziska Giffey eine derart patente, beliebte und intelligente Nachfolgerin zu haben. Diese Aussagen werden von Giffey selbst als eindeutiges Indiz gewertet, dass es sich um den echten Willy Brandt handelte.
Auch Brandts E-Mail-Adresse [email protected] habe authentisch gewirkt.
Andere Gesprächsmomente, in denen Brandt Giffey überreden wollte, den östlichen Teil Berlins wieder zur russischen Besatzungszone zu machen, seinen nackten Po in die Kamera hielt und kurz seinen angeblich besten Freund Adolf Hitler ins Bild winken ließ, wurden zumindest als verdächtig eingestuft.
Deepfake-Technologie ist inzwischen sehr weit fortgeschritten und kann täuschend echt wirken. Derzeit prüft ein 20-köpfiges IT-Team die Videoaufzeichnung Frame für Frame auf optische Unstimmigkeiten wie verschwommene Ränder oder fehlerhafte Pixel.
ssi, dan