Ludwigshafen (dpo) - Nachdem er wochenlang seine Schüler terrorisierte, ist gestern ein Chemielehrer aus Ludwigshafen festgenommen worden. Der 56-Jährige war nachts in die Wohnungen seiner Schüler eingestiegen, um sie aus dem Tiefschlaf zu wecken und sie wichtige chemische Formeln abzufragen.
Offenbar hatte Lehrer Robert K. seine Taten teilweise Wochen im Voraus angekündigt. "Er sagte zur Klasse meiner Tochter mehrmals: ‘Diese Formel müsst ihr im Schlaf kennen'", berichtet die Mutter einer betroffenen Schülerin. "Und dann meinte er: 'Wenn ich euch nachts um 2 Uhr wecke und frage, wie sie lautet, dann müsst ihr sie mir ohne mit der Wimper zu zucken aufsagen.'"
Ernst genommen hatte diese Aussagen jedoch keiner.
Doch Robert K. setzte seine Drohungen in die Tat um: Mithilfe von Brecheisen und Spezialwerkzeug zum Öffnen von Türschlössern verschaffte er sich Zutritt zu insgesamt 57 Wohnungen, in denen seine Schüler lebten. Immer mit dabei: Sein Notenbuch, in dem er alle Leistungen vermerkte.
"Ich werde so um 3 Uhr an der Schulter angestupst", erinnert sich Neuntklässler Jan F. an die Nacht, in der der Chemielehrer auch ihn besuchte. "Vor mir der Herr K., einfach neben meinem Bett. Ich wäre fast gestorben vor Schreck. Sagt der zu mir nur so: 'Stöchiometrische Formeln, aber ganz schnell! Für ne 1 bist du schon zu langsam. Das muss wie aus der Pistole geschossen kommen!'"
Am Ende versagt Jan und bekommt eine mündliche 5 eingetragen. Er reibt sich noch immer verwirrt die Augen, während sein Lehrer aus dem Fenster klettert.
Es dauert mehrere Wochen, bis die Behörden Robert K. das Handwerk legen können. Denn zunächst schenken die meisten Eltern den unplausibel klingenden Schilderungen ihrer Kinder keinen Glauben. Doch dann begeht der Chemielehrer einen schweren Fehler: Er lässt seinen mehrfarbigen Kugelschreiber mit eingraviertem Namen in einer der Wohnungen liegen. Zwei Tage später sitzt er in Untersuchungshaft und muss mit seiner Suspendierung rechnen.
Laut Polizeiangaben waren die Verbrechen des 56-Jährigen nicht nur gesetzeswidrig, sondern auch nutzlos: Auch nach seinen Einbrüchen können nur 12 Prozent seiner Schüler die von ihm geforderten Formeln auswendig.
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