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Neuer Trend Paleo-Medizin: Heilmethoden der Steinzeit immer beliebter

Berlin (dpo) - Paleo-Diät war gestern! Während sich mit der Steinzeit-Ernährung nicht einmal mehr die Schwiegereltern aus Bottrop beeindrucken lassen, schickt sich ein neuer Trend an, zum großen Hit unter gesundheitsbewussten Großstädtern zu werden: Die Paleo-Medizin – ein Behandlungsansatz, bei dem ganz die Urspünglichkeit steinzeitlicher Heilungsmethoden in den Vordergrund gerückt wird.

Im Paläolithikum nahm man sich für seine Patienten noch mehr Steinzeit.
Verfechter der Paleo-Medizin setzen dabei ausschließlich auf Anwendungen, von denen angenommen wird, dass sie schon in der Altsteinzeit verfügbar waren. Auf Entdeckungen der Neuzeit wie künstliche Betäubung, Desinfektion oder aufwendige Medikation wird komplett verzichtet.
Die Theorie dahinter: Der menschliche Körper hat sich in den vergangenen 50.000 Jahren kaum weiterentwickelt. Warum sollten dann nicht die medizinischen Methoden von vor 50.000 Jahren nach wie vor die richtigen sein?

Ein simpler wie radikaler Ansatz


Doch wie wirkt sich die Paleo-Medizin in der Praxis aus? Zwei, die die Heilmethode aus der Steinzeit schon ausprobiert haben, sind Torben-Lysander Schmidt und Fantasia Müller aus Berlin. "Also zuerst waren wir schon etwas skeptisch", gesteht die bodenständige Performance-Künstlerin. "Gerade die scharfkantigen Steine haben uns verunsichert: Da kann man ja nie wissen, ob die unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden. Aber die rituellen Tänze und die Schlammbäder haben uns dann überzeugt."
Hat keine Kopfschmerzen mehr und spürt auch sonst nicht mehr viel: Torben-Lysander Schmidt
Kopfschmerzen waren es, die das Pärchen aus dem hippen Prenzlauer Berg veranlassten, Hilfe bei einem der siebzehn hauptberuflichen Medizinmänner in ihrem Viertel zu suchen. "Für mich stand von Anfang an fest, dass ich meinem Körper nicht mit Aspirin oder ähnlichen Giften schaden würde. Die Entscheidung für eine traditionelle Schädeldeckenöffnung durch ein Feuersteinbeil lag da nahe", sagt der Arthouse-Dokumentarfilmregisseur lächelnd, während er sich den Speichelfluß aus dem Mundwinkel wischt.
"Seitdem sind wir ganz verrückt nach der Paleo-Medizin!", pflichtet ihm seine Freundin bei. "Früher wäre ich bei einem kleinen Magentumor sicher gleich ins Krankenhaus gerannt. Heute schlucke ich ein paar Handvoll Tonerde und fühle mich wie neu geboren!"
Einwände von Ärzten oder Paläoanthropologen lässt sie nicht gelten. "In der Steinzeit waren die Leute viel gesünder und die haben auch nicht auf irgendwelche Universitätsprofessoren gehört", sagt die 32-Jährige mit wissendem Zwinkern und erbricht ein wenig Blut.

Nur einen Faustkeil vom Arztberuf entfernt


Mit seinem ersten Patienten versteht sich Zipfknappe immer noch bestens.
Vom Erfolg der ultratraditionellen Behandlungsmethoden ist auch Severin Zipfknappe, der Vorsitzende der Kassenmedizin­männischen Vereinigung Berlin-Brandenburg, überzeugt. Auf einer Reise durch Papua-Neuguinea kam er zum ersten Mal mit der Paleo-Medizin in Berührung. Kurz nach seiner Rückkehr hängte er seinen damaligen Beruf als Metzger an den Nagel und machte sich als Medizinmann selbstständig. Inzwischen ist er sogar imstande, Tumore zu entfernen. Auch wenn keiner seiner Patienten überlebte, eine beachtliche Leistung.
Zipfknappe ist der festen Überzeugung, dass die erdverbundene Lebensweise der Steinzeit auch für weitere Bereiche des Lebens wichtige Denkanstöße geben kann. Mit rund einem Dutzend Mistreitern hat der nun den Verein Paleo-Life gegründet. Dort kann man mit Gleichgesinnten auch auf Gebieten wie Konfliktlösung (per Keule), Dichtung (mittelpaläolithische Grunzlyrik) und Sexualität (ungewaschen, unrasiert und ungeschützt) die Vorzüge der Steinzeit entdecken.
kff, (ssi, dan); Fotos: Shutterstock, bzw. Trepanation: Yohan Castel, CC BY-SA 3.0
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