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Schweden: Letzter verbliebener Altersheimbewohner hat langsam erste Zweifel an Corona-Sonderweg

Stockholm (dpo) - Den letzten verbliebenen Altersheimbewohner Schwedens beschleichen langsam erste Zweifel am Sonderweg seines Landes in der Coronakrise. "Ich bin ja kein Experte, aber es wäre schön, wenn noch jemand hier wäre, um mit mir Karten zu spielen", so der 92-jährige Magnus Axelsson.

"Ich verstehe ja, dass wir nicht hysterisch auf das Virus reagieren sollen und die Wirtschaft Schwedens wichtig ist", fährt Axelsson fort, während er im leeren Aufenthaltsraum seines Altersheims im Norden Stockholms sitzt. "Aber auf Dauer wird es einfach sehr eintönig hier, seit letzte Woche Ingegerd aus dem Stockwerk unter mir auch noch an Corona verstorben ist."
Als einziges Land Europas hatte Schweden unter der Federführung von Chefvirologe Anders Tegnell auf einen generellen Lockdown verzichtet. Dafür verzeichnet das skandinavische Land gemessen an der Gesamtbevölkerung bislang mehr als viermal so viele Corona-Tote wie Deutschland (Stand: 5. Juni 2020) – andererseits gab es dafür aber auch durchgehend leckere Köttbullar in den geöffneten Restaurants.
"Ich will ja nicht alles schlecht reden", erklärt Axelsson, bevor er leise in ein Taschentuch hustet. "Zum Beispiel kann ich jetzt immer so viel Nachtisch essen, wie ich will. Und die schreckliche laute Marschmusik von Björn nebenan muss ich auch nicht mehr ertragen, seit er unter der Erde ist. Aber irgendwie… ich weiß nicht. Wäre es vielleicht auch anders gegangen? Wir werden es wohl nie erfahren."
dan, Foto: Shutterstock
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