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Um trotz Lockdown öffnen zu können: Restaurants gründen eigene Religion

Berlin (dpo) - Nur noch Tage trennen Deutschland vom zweiten Lockdown. Für Restaurants, Bars und Kneipen sieht es dann wieder düster aus. Um den Auflagen zu entgehen, haben sich nun zahlreiche Gastronomen zu einer Religionsgemeinschaft zusammengeschlossen – Gottesdienste sind nämlich ausdrücklich von den Maßnahmen ausgenommen.

"Nehmet, esset dieses Wiener Schnitzel mit Pommes und diese Käsespätzle mit Röstzwiebeln; das ist mein Leib", mit diesen Worten serviert ein per 60-Minuten-Crashkurs zum Priester geweihter Kellner Gläubigen in der Kirche "Zum goldenen Ochsen" ihr Mahl. "Und dieses große Pils und ein kleines Mineralwasser, nehmet und trinket; das ist mein Blut."

Restaurantbesitzerin Renate Pistorius, die zu den Gründungsmitgliedern gehört, erklärt den Kern der neuen Religionsgemeinschaft, die sich "Heilige Kulinariker der letzten Lockdowntage" nennt: "Essen und Trinken sind der Grundstein unseres Glaubens und das wichtigste Sakrament, durch das wir eines Tages zur ewigen Sättigung finden."

Und so läuft der Gottesdienst in der Regel ab: Zunächst lesen die Gläubigen in einem heiligen Buch mit dem Titel "Speisekarte".

Priesterinnen und Priester in geweihten weißen Hemden gehen nacheinander zu den Gläubigen. Jeder einzelne beichtet nun ganz offen seine Hungergelüste, die in Notizblöcken festgehalten und in die Küche übermittelt werden, wo der Heilige Koch geschützt von fremden Blicken seinem sakralen Hochamt nachgeht.

Anschließend werden die heiligen Speisen serviert und in einem Ritual, bei dem Metallutensilien, Teller und Gläser zum Einsatz kommen, verzehrt.

Nach dem Ende der Zeremonie wird in der Regel ein bestimmter Mindestbetrag als Spende in den Klingelgeldbeutel des Priesters erwartet, deren exakte Höhe sich jedoch nach der kulinarischen Erfüllung der Gläubigen richtet.

Experten vermuten, dass die Heiligen Kulinariker der letzten Lockdowntage schon bald größte Glaubensgemeinschaft Deutschlands stellen könnte. Immerhin besuchen rund die Hälfte aller Deutschen und damit über 40 Millionen Menschen mindestens einmal im Monat einen solchen Gottesdienst – Zahlen, von denen andere Konfessionen nur träumen können.

pfg, dom, dan, ssi; Foto: Shutterstock
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