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Ansteckungsgefahr durch Speichel auf Briefmarken: Weihnachtsmann muss Millionen Wunschzettel verbrennen

Nordpol (dpo) - Dunkle Rauchwolken verhüllen den Himmel über dem Nordpol, der Geruch von verbranntem Papier liegt in der Luft. Seit Tagen vernichten der Weihnachtsmann und seine Helfer hier Millionen von Wunschzetteln, die Kinder aus aller Welt geschickt haben. Denn: die Speichelrückstande der abgeleckten Briefmarken könnten das Coronavirus ins Weihnachtsdorf bringen – für die abgeschieden lebende Gemeinschaft eine tödliche Bedrohung.

Der Postillon hat sich auf die beschwerliche Reise an den Nordpol gemacht und berichtet exklusiv vor Ort. Als wir eintreffen, sind etliche Weihnachtselfen in Schutzanzügen gerade damit beschäftigt, schubkarrenweise Briefe und Postkarten heranzuschaffen und dann mit kleinen Schaufeln in eine große Feuerstelle zu werfen. Unzählige Kinderwünsche, die in Rauch aufgehen. Doch der Schutz vor der Pandemie hat Vorrang. Die Behörden am Nordpol greifen hart durch.

"Viele Elfen leben in Massenquartieren, haben ständig Körperkontakt", erklärt ein Mitarbeiter des örtlichen Gesundheitsamts. "Wenn hier das Virus ausbricht, wird es Zehntausende Tote geben. Deshalb vernichten wir sämtliche Postsendungen, sobald sie eintreffen."

Vor Ort wird schnell klar, welche ungeheuren Folgen dieser historische Vorgang hat: Trotz der Brief-Verbrennungen gibt es für die meisten Weihnachtselfen nicht genug zu tun.

Normalerweise wären sie um diese Zeit des Jahres damit beschäftigt, Spielzeug für den Weihnachtsmann herzustellen. Doch angesichts der ausbleibenden Wünsche konnte nur 30 Prozent der Belegschaft weiter beschäftigt werden, der Rest ist in Kurzarbeit oder sitzt auf der Straße.

Im nahe gelegenen Elfendorf herrschen triste Zustände. Überall kann man die Zeichen von Alkoholismus und Verwahrlosung sehen. Nur das Casino "Fünf vor Elf" und das Bordell "Zuckerstange und Rute" haben regen Betrieb. Vor dem lokalen Spirituosen-Geschäft bricht plötzlich eine Schlägerei zwischen zwei Elfen aus. Mit Zuckerstangen und Christbaumkugeln beharken sich die zwei Kontrahenten, bis einer regungslos im Schnee liegen bleibt.

Auch in der Chefetage hat sich offenbar Resignation breitgemacht: Der Weihnachtsmann, aufgrund seines hohen Alters selbst Teil der Risikogruppe, verlässt sein Haus nur noch, um neuen Eierlikör zu beschaffen.

Wir haben Glück und erwischen ihn gerade bei seinem täglichen Besorgungsgang. Schlecht gelaunt, unrasiert und mit deutlichem Übergewicht läuft er durchs Dorf und beschimpft alle, die seinen Weg kreuzen. Zunächst winkt er die Interview-Anfrage mit seinen roten Schutzhandschuhen unwirsch ab. Doch mit einer Flasche seltenem Kolibri-Eierlikör gelingt es uns schließlich, ihn für ein Foto und ein kurzes Interview in seiner Stube zu gewinnen.

Der Postillon: Herr Weihnachtsmann, wie fühlen Sie sich momentan?

Weihnachtsmann: Ich kann nur sagen: Fuck 2020! Eigentlich sollte dieses Jahr ein besonderes Weihnachtsfest werden. Als Teil des Pariser Klimaschutzabkommens wollte ich zum ersten Mal meinen neuen Tesla-Schlitten nutzen. Denn der CO2-Hufabdruck der Methan-produzierenden Rentiere, die den Schlitten bisher gezogen haben, war eine Katastrophe. Möchten Sie ein Stück Wurst?

Der Postillon-Reporter kaut verlegen auf der fettigen Wurst und beißt auf ein Stückchen Geweih.

Der Postillon: Mhm, knackig. Sie verbrennen ja nun gerade Millionen Wunschzettel. Heißt das, Weihnachten 2020 fällt komplett aus? Kein Kind kriegt was?

Weihnachtsmann: So weit will ich es nicht kommen lassen. Es ist ja alles schon deprimierend genug. Ich habe mir vorgenommen, meinen Einsatz unter besonderen Schutzvorkehrungen zu fliegen. Das heißt: kein Betreten von geschlossenen Räumen über den Kamin mehr. Wir werden die Pakete wohl per Fallschirm abwerfen, experimentieren aber auch mit Drohnen.

Der Postillon: Aber ohne die Wunschzettel – was bekommen die Kinder denn dann geschenkt?

Weihnachtsmann: Ich habe mir lange Gedanken über ein sinnvolles Geschenk gemacht. Ich bin da ja nicht so kreativ. Daher ja sonst auch die Wunschzettel. Aber inzwischen habe ich mich entschieden: Alle Kinder werden nun an Heiligabend die Autobiographie von Friedrich Merz erhalten.

Der Postillon: Oha. Ja… Das wird ihnen sicher gefallen.

Weihnachtsmann: Haben Sie sich eigentlich auf Covid testen lassen, bevor sie hierher gekommen sind?

Der Postillon: Hätten wir das machen sollen? Wir haben davor zwei Teller Gulasch gegessen. Das immunisiert.

Kurz darauf werden wir von vier mit Armbrust bewaffneten Elfen aus dem Dorf eskortiert.

mse; Fotos: Shutterstock
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